Seit dem 01.07.2021 ist der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft getreten. Sportwetten und Online-Glücksspiele sind seitdem in Deutschland flächendeckend legal. Abhilfe und wirksames Mittel gegen die Sucht sehen Expertinnen und Experten im Spielersperrsystem OASIS, bei dem sich glücksspielsüchtige Personen deutschlandweit für spielformübergreifendes Glücksspiel sperren lassen können. Am bundesweiten Glückspieltag machen Expertinnen und Experten auch Mannheimer Suchtberatungsstellen auf die Glückssucht aufmerksam und appellieren an staatliche Instanzen. Anlässlich dessen bieten die Suchtberatung von Caritasverband und Diakonischen Werk Mannheim und bwlv eine Telefonsprechstunde an.
Tendenz steigend. Profis befeuern Glückspielsucht durch Werbung
Irgendwann war Samuel M. rund um die Uhr in Internetforen unterwegs, verspielte mehrere tausend Euro, isolierte sich von seiner Außenwelt, wurde arbeitslos, verlor Freunde und den Kontakt zur Familie. Bis er die "Notbremse" zog, wie er selbst erzählt.
Samuel M. wendete sich nach zehn Jahren Spielsucht an den bwlv. Eine Kollegin des Jobcenters half ihm dabei. "Dieser Trugschluss vielleicht auch vom Pokern leben zu können, ging für mich fatal aus", sagt er heute. Durch das viele Spielen wurde er immer fahriger, emotional aufgeregt und wütend. "Ich bin froh, dass das heute vorbei ist", sagt er.
Wenig überraschend lesen sich die Umsätze aus 2021, die um 15.2% auf 44,14 Milliarden Euro gestiegen sind. Alarmierend ist, dass insbesondere der Bereich Sportwetten eine Umsatzsteigerung von 4,5 auf 18,3 Milliarden Euro verzeichnet. Besonders erschreckend sei dabei die Tatsache, dass so gut wie jeder Bundesligaverein mit Sportwettanbietern zusammenarbeitet und Sponsoringverträge habe, berichtet Annette Müller, Diakonie-Sozialarbeiterin der Suchtberatung in Mannheim. Selbst viele "altgediente" Profis würden sich öffentlich für Sportwetten und deren Vorteile aussprechen, bestätigt auch Kay Toewe vom bwlv.
Das alles mache den Kampf gegen die Glücksspielsucht nicht einfacher, bestätigt auch ihr Klient Samuel M., der ebenfalls über ein Sportwettbüro und sein Interesse an den Bundesligaspielen in die Sucht geriet. Immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene versuchen ihr Glück mit Sportwetten, berichteten die Expertinnen und Experten. Die Zahl der Spielsüchtigen in diesem Bereich in den letzten Jahren steigt an, während die Altersgrenze sinkt. 2021 geht die DHS von 1,27 Millionen Menschen mit einer glücksspielbezogenen Störung aus und das obwohl in diesem Jahr Spielhallen und andere Glücksspieleinrichtungen wegen der Corona Pandemie für mehrere Monate geschlossen waren.
Samuel M. halfen die vielen Gruppengespräche. Aber auch der Schritt, sich auf die Liste des Spielersperrsystem setzen zu lassen. "Ich glaube, tatsächlich auf Lebenszeit", schmunzelt Samuel M.. "Dann passiert mir das einfach nie wieder."
Mit dem alljährlich stattfindenden Aktionstag gegen Glücksspielsucht wollen die Mannheimer Suchtberatungsstellen von bwlv, Caritas und Diakonie und das Kommunale Netzwerk für Suchtprävention und Suchthilfe der Stadt Mannheim auf diese Problematik aufmerksam machen, indem sie auf die Gefahren der Spielsucht hinweisen und Aufklärung betreiben. Hierbei soll einer weiteren Steigerung von Spielsüchtigen entgegengewirkt werden, da in den Beratungsstellen die Befürchtung besteht, dass mehr Menschen aufgrund der Legalisierung des Online-Glücksspielmarktes in eine Sucht geraten können.
Die Gefahr besteht vor allem, da hier das Angebot noch leichter verfügbar, ist und dies nicht ausreichend kontrollierbar ist.
Offene Telefonsprechstunde am Aktionstag 27.09.
Am Aktionstag bieten die Kolleginnen und Kollegen der Suchtberatungsstellen von bwlv, Caritas und Diakonie eine Telefonsprechstunde an: von 10:00 - 12:00 Uhr (Tel: 0621 125 06 136) und von 14:00 - 16:00 Uhr (Tel: 0621 8425 0680).